Keinen Trend – vielmehr eine Lebenseinstellung beschreibt der japanische Minimalismus. Mehr und mehr Menschen entfliehen dem Konsum und beschränken sich nur noch auf das Nötigste zum Leben. Dieser Verzicht bedeutet keinesfalls einen Nachteil im Leben der Minimalisten, im Gegenteil.
Der zugrundeliegende Zen-Buddhismus lehrt, dass es erstrebenswert sei, wenig oder gar keinen Besitz anzuhäufen. Was genau es mit dem japanischen Minimalismus auf sich hat, ob man minimalistisch(er) durch das Entrümpeln der eigenen Wohnung werden kann und ob man eine Leere mit einer neuen Leere füllen kann, das haben wir in unserem Blog einmal etwas genauer behandelt!
Was genau ist eigentlich dieser (japanische) Minimalismus?
Für viele bedeutet minimalistisch zu leben einen Spagat zwischen einer bunten, konsumorientierten und lauten Welt in 2018 und einer Lehre, die es seit mehr als 1500 Jahren gibt. Aber muss man sich eigentlich für eine Seite entscheiden? Oder kann man zum Beispiel minimalistisch leben, gleichzeitig aber beispielsweise eine Spülmaschine oder ein Auto besitzen?
Die kurze Aufklärung:
Im Minimalismus geht es nicht um die Reduzierung um jeden Preis – vielmehr soll eine bedachte Wertschätzung für alles und jeden in den Fokus der Anhänger rücken – und dadurch das eigene Leben mehr Sinn erhalten. Im Alltag bedeutet dies durch konsumgewohnte Augen betrachtet, in einer eher kargen Wohnung ohne Komfort zu leben. Für die Anhänger dieser Lebenseinstellung bedeutet die Abkehr vom Konsum eine Befreiung.
Wie lebt man minimalistisch?
In einer konsumorientierten Welt wird mehr Besitz angehäuft als wirklich gebraucht wird. Weniger ist mehr? Für uns Konsum-Junkies nicht. Hier verkehrt sich der japanische Ansatz ins Gegenteil, so dass Leere gefüllt und nicht geschaffen wird. „Leere“, also das Weglassen von Dingen, ist im Japanischen aber überhaupt nicht negativ besetzt. Vielmehr kommen die wenigen Besitztümer dadurch viel besser zur Geltung und erfahren eine besondere Wertschätzung.
Wer nach dem japanischen Zen Buddhismus lebt, der wird sein Leben mit wenige Dingen füllen wollen, der entsagt zukünftig dem Konsum, der wendet sich sogar insofern von ihm ab, dass er sich (zum Beispiel nach der Konmari Methode) auch von vorhandenen Dingen in seinem Leben trennt.
Die Konmari Methode
Die Konmari Methode der japanischen Bestseller-Autorin Mari Kondo gibt „Minimalismus-Neulingen“ eine nicht ganz so extreme Lösung, sich von überflüssigem Ballast zu trennen. Kurz beschrieben funktioniert das Entrümpeln und Ausmisten auf folgende Weise: Ausgemistet wird nicht nach Raum, sondern nach Kategorie.
Wer so aufräumt, geht automatisch durch alle Räume, und nimmt jeden Gegenstand einmal in die Hand. Alles kommt auf einen großen Haufen und wird dann Stück für Stück „emotional untersucht“: Macht mich dieser Gegenstand glücklich, weckt er schöne Erinnerungen oder brauche ich ihn wirklich noch? Wenn nicht – weg damit! Am Ende bekommen alle Gegenstände in der Wohnung einen festen Platz!
Mari Kondo hat damit eine regelrechte Aufräum-Welle ausgelöst, die dann wiederum viel Raum für die Frage gibt: Was brauche ich wirklich zum Leben? Und welche Gegenstände sind am Ende einfach nur überflüssig?
Ein Beispiel:
Die Woche hat 7 Tage – wofür brauche ich also 20 Paar Socken? Eine sicher nicht ganz unbegründete Frage, die sich in ähnlicher Form bei allen Gegenständen des täglichen Bedarfs stellen lässt: Muss es immer mehr sein als wirklich gebraucht wird? Und überhaupt: Was löst bei uns den Wunsch nach Konsumartikeln aus?
Natürlich gilt dies nicht nur für die kleinen Dinge – wer wirklich jedes Teil in der Wohnung anschaut und sich fragt, ob es wirklich nötig ist, kann sich nicht nur von vielen Staubfängern oder alten Klamotten trennen: Die gesamte Einrichtung kann unter die Lupe genommen werden.
Das bedeutet nichts anderes, als dass die Frage durchaus erlaubt ist, ob jeder Hocker, jeder Hängeschrank oder jedes Sofakissen die Wohnung eher füllt oder erdrückt. Dabei spielt auch das eigene Stilempfinden eine große Rolle:
Wer ein minimalistisches Möbel-Konzept verfolgt, der kann sich heute ohne große Probleme minimalistisch einrichten. Besonders schlichte Möbel sind dann gefragt, Möbel mit klarer Linie. Aber neben dem Design sollen sie auch eine wirklichen Nutzen haben. Die Einrichtungsgegenstände sollen Freude bereiten und wären sie nicht vorhanden, würde in der Wohnung etwas fehlen.
Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass kleine Deko-Flur-Tischchen mit Omas Vase (z.B.) der Vergangenheit angehören.
Für viele Menschen mag sich das total fremd anhören. Aber warum kaufen wir eigentlich so viel, wenn wir es dann doch gar nicht brauchen?
Die Werbung nutzt uns schamlos aus
Die Menschen kaufen seit jeher aus einer einzigen Motivation heraus: Dem Wunsch nach Verbesserung. Doch anders als in der buddhistischen Lehre gründet sich die Verbesserung bei uns auf dem Anhäufen, nicht dem Weglassen von Besitz. Der westliche Antrieb gründet sich auf der Leidenschaft für etwas oder der Angst vor etwas. Kaufe ich also (einen x-beliebigen Gegenstand), dann geht es mir besser. Oder kaufe ich ihn nicht, habe ich Sorge, dass mir daraus ein Nachteil erwächst.
In jedem Fall verstehen Werbetreibende es seit jeher, die Menschen auf diese Weise für einen Kauf ihrer Produkte oder Dienstleistungen zu motivieren. Das führt dann letztlich dazu, dass wir immer mehr Besitz anhäufen, da die Menge des Besitzes mit Wohlstand, Wohlfühlen oder eben einer Verbesserung gleichgesetzt wird.
Minimalismus – wie fange ich an?
Viele Japaner, die sich der Lehre erst jüngst verschrieben haben, berichten von plötzlichen Vorfällen in ihrem Leben – es wurde aus verschiedenen Gründen auf einmal „zu viel“. Die Rückbesinnung auf das Nötige und Wichtige ist dann die gelebte Folge. Natürlich brauchen auch Minimalisten Produkte und Dienstleistungen zum Leben, keinesfalls sollen sich Japaner zu Tode hungern, um die Lehre vollkommen zu leben.
Doch jede Frage vor einem Kauf / der Beauftragung einer Dienstleistung kann ein erster Schritt sein. Brauche ich wirklich noch einen Anzug, muss es noch ein Bild an der Wand sein, benötige ich wirklich all diese „Freunde“ in den sozialen Medien?
Der Minimalismus zieht sich letztlich nicht nur durch den eigenen Besitz, sondern durch alle Lebensbereiche: Der Konsum wird drastisch reduziert, eine Wertschätzung des Vorhandenen und seiner selbst ist die positive Folge. Der Mangel an Gegenständen fördert dessen Wertschätzung neu zu Tage.
Welche Minimalismus Möbel gibt es?
Nun, das hängt ein wenig von der Wohnsituation ab. Es ist zwar schwer vorstellbar, dass ein bekennender Minimalist einen ausladenden Kronleuchter einer schlichten Deckenleuchte (wenn überhaupt!) vorziehen würde.
Auf die eigenen Möbel bezogen heisst dies aber vor allen Dingen, dass die Dinge eine Funktion haben sollen, dass sie einen Zweck erfüllen müssen. Wer dann noch auf ein schlichtes Design achtet, sei es nun japanischen oder skandinavischen Ursprungs, der dürfte zumindest aus unserer konsumgeprägten Welt den ersten Schritt in die richtige Richtung gegangen sein, da die Möbel selber auf das Nötigste reduziert sind und auf Schnörkel, Verzierungen oder rare Materialien verzichten.
Trend Minimalismus Wohnung – so richten Sie sich neu und dezent ein
Klar, eine Familie mit 4 Kindern hat andere Ansprüche an ihren Wohnraum als ein Single – aber dennoch können beide ihren Wohnraum entrümpeln (siehe Konmari Methode) und sich mit einem schlichten, funktionalen Design neu einrichten.
Wir haben einmal aufgelistet, wie einem „Neu-Minimalisten“ ein guter Start gelingt und dies einmal für das Wohn-, Ess- und Schlafzimmer durchgespielt:
Das Wohnzimmer
Der Mittelpunkt der Wohnung sollte vor allen Dingen zweckmäßig, aber dennoch elegant eingerichtet werden. Die Reduzierung auf das Wesentliche lässt in diesem Raum Luft zum Atmen und zum Leben.
Das Esszimmer
Dort kommt die gesamte Familie zusammen, hier verbringen wir gemeinsam Zeit. Holen wir uns den Zeit-Raum wieder zurück!
Das Schlafzimmer
Oft als Sammelstelle für alle Gegenstände, die woanders nicht hinpassen, wird das Schlafzimmer immer seltener zum Ort der Erholung. Dabei sind besonders hier viel Freiraum & Platz wichtig, um nicht das Gefühl zu haben, in einer Abstellkammer zu schlafen.
Der erste Schritt ist getan – aber wie verhindere ich, dass sich die Routine wieder einschleicht?
Auch hier halten viele Experten Tipps und Tricks bereit. Wer minimalistisch lebt, der darf Dinge besitzen und sich auch Dinge kaufen (oder diese tauschen bzw. leihen, je nach „Ausprägung“ des Gelebten). Es gibt zwar für viele Menschen die Herausforderung, nicht mehr als 100 Gegenstände besitzen zu dürfen, aber hier streiten sich die Fachleute, ob man etwa ein Paar Socken als ein oder zwei Dinge zählen muss. Aber gut, das führt dann doch etwas zu weit an dieser Stelle.
Zurück zum modernen Minimalismus: Wer eine Anschaffung plant, muss sich in jedem Fall vorab die Frage stellen, ob diese wirklich notwendig ist oder ob es zumindest ein Alternativprodukt auch tut: Muss es die teure Kaffeekapselmaschine sein? Reicht nicht auch eine normale Filtermaschine oder gar die Rückbesinnung auf den guten alten Handfilter?
Bei Anschaffungen, die einmalig sind (in der Regel haben auch Nicht-Minimalisten selten mehr als eine Kaffeemaschine zu Hause) gibt es meist keinen Pendant-Gegenstand, der dafür dann abgeschafft werden kann.
Aber wer sich zum Beispiel ein neues Kochbuch kauft, der kann überlegen, ob er nicht ein altes Buch dafür weggibt. (Niemand ist übrigens gezwungen, Dinge wegzuwerfen: Tauschen Sie mit anderen, spenden Sie Dinge an soziale Einrichtungen oder verkaufen Sie Ihr altes Hab und Gut im Internet!)
Fühlen Sie sich gerüstet?
Wie sagt man passend so schön? Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Wer sein Leben entrümpeln möchte, findet dafür viele Bücher und Ideen im Internet. Wer trotz einer vollen Wohnung eine Leere empfindet, der kann sich mit dem ersten Schritt auf die lange Reise begeben. Unser Tipp: Fangen Sie sofort an! Schieben Sie es nicht auf die lange Bank und holen Sie sich ein paar Inspirationen.
Das Buch von Mari Kondo „Magic Cleaning“ können Sie gebraucht kaufen oder, noch besser, sich bestimmt auch in der Bibliothek Ihrer Stadt ausleihen. Denn Sie wollen ja nicht dadurch dem Konsum entfliehen, dass Sie sich als allererstes etwas Neues dazukaufen, oder? 🙂